"Ach weißt du was? Ich bin eigentlich glücklich, dass du keiner bist. Die einzigen Nachteile bestehen darin, dass du sonst nicht hier bist und immer blau trägst.", ich glaube ihm war bewusst, dass ich einen Hass gegen die Farbe pflegte. Aber ich liebte seine Art, wie schlau er war und trotzdem witzig. Und er war bemüht darin bei mir zu sein. Er passte sich deswegen sogar den Ferox an, obwohl er sich bevor wir uns getroffen hatten sicher besseres vorgestellt hatte. Aber ich mochte nicht daran denken, wie er jeden Abend alleine in seiner Wohnung saß, sich eine Kleinigkeit kochte, etwas für seine Arbeit tat und dann schlafen ging. Es schien einfach so einsam und trostlos zu sein, aber jetzt war er das nicht mehr. Ich würde sein Leben wohl noch genug aufmischen, wenn ich das nicht schon getan habe. Dann stand ich auf und reichte ihm meine Hand, damit er aufstehen konnte. "Wie wäre es mit Mittagessen? Hast du was dagegen einzuwenden?", fragte ich ihn, mein Magen knurrte. Wir hatten nichts gefrühstückt und das bisschen Brot was ich gestern gegessen hatte, sättigte nicht.
Zudem wäre ein Pause vom Sport für ihn auch sinnvoll, zu lange Sport zu machen würde ihm nicht gut tun. Besonders da er vorher nicht so ausgelastet war.

Ich lächelte. Sie mochte blau nicht, das war mehr als offensichtlich, aber damit musste sie bei mir nun einmal klarkommen. Ich mochte das Blau der Ken, es war irgendwie beruhigend, so sah ich es zumindest. Andere, wie Ally zum Beispiel, mochten es ganz und gar nicht. Aber im Moment musste sie es ja auch nicht ertragen, denn ich trug ja nur schwarz, wie alle Ferox es auch taten.
Es war okay für mich, einfach, schlicht und unauffällig.
"Essen hört sich gut an", antwortete ich, als Ally mir hochhalf.
Ich hatte heute noch nicht einmal einen Kaffee getrunken. Das letzte, was ich im Magen hatte, war, mal abgesehen von dem Wasser, was ich während des Sports getrunken hatte, das bisschen Brot vom Vorabend.
Ich streckte mich, als ich wieder auf meinen Beinen stand und merkte, wie meine Muskeln langsam zu schmerzen anfingen.
Wir machten uns auf zu dem Speisesaal, wo diesmal reges Treiben herrschte. Es war wohl Stoßzeit. Viele Ferox suchten sich hungrig einen Platz an den langen Tischen, die gefüllt waren mit Essen. Auch Ally und ich suchten uns gemeinsam Plätze und fanden diese weiter hinten im Saal.

Als wir im Speisesaal ankamen, war dort fast alles vor. Nicht oft sah ich so viele Ferox gleichzeitig, da ich es meist vermied zu den üblichen Zeiten zu essen. Doch durch meinen sehr großen Hunger, konnte ich nicht anders und begab mich mit Jayce in diese Höhle voller hungriger Monster.
Wir fanden ein Platz relativ hinten, an unserem Tisch saßen ein paar Initianten die immer und überall eine Gruppe bildeten. Sie kamen von den Ken und jeder mied sie, sie waren nicht gerade die Leute mit denen man sich unterhalten wollte. Genauso wie die Candor. Ferox, Amite und Altruan versuchten diese beiden Fraktionen zu meiden, man kannte dieses Wesen einfach nicht und war ihnen gegenüber eher schlecht eingestellt.
Die Ken stritten sich verbal um das Essen. ich verdrehte nur leicht die Augen und nahm mir etwas und musste Jayce anlächeln. "Was hast du heute eigentlich noch vor? Irgendwelche Pläne?Hat Four irgendwas gemeint oder habt ihr nur über das Training geredet?", fragte ich Jayce und begann dann zu essen.
Ich wurde von jemanden zur Seite geschoben und merkte, dass dies Alessandro war. Er konnte laufen, okay ich hatte ihn ja auch nicht an den Beinen verletzt. Aber seinem Gesicht sah man es an. "Hey ihr Beiden. Ihr hängt echt oft zusammen rum.", stellte er fest und ließ sich neben mir nieder.

Es amüsierte mich, wie die Ken-Initianten diskutierten und argumentierten. Es mussten Initianten sein und dass sie von den Ken kamen, war einfach unverkennbar. Die alte Fraktion konnte man nicht ganz so einfach hinter sich lassen. Das merkte man nicht nur an ihnen, sondern auch an allen anderen. Ally merkte man auch an, dass sie von den Amite kam, zwar war es bei ihr nicht mehr so deutlich, aber ich denke seine Herkunft konnte niemand wirklich verleugnen.
Ich füllte meinen Teller und begann zu essen. Ich blickte auf, als Ally mich fragte, ob ich heute noch was vorhatte. Ich zuckte mit den Schultern.
"Wir haben hauptsächlich über das Training gesprochen, aber er hat angeboten, dass wir uns später noch treffen könnten. Er ist ziemlich nett. Aber wenn du später noch was machen möchtest, ich bin für alles offen", antwortete ich grinsend.
Jemand setzte sich neben Ally, es war Alessandro. Ihm ging es wohl wieder besser, was mich freute. Einerseits, weil das Ally auch erleichtern würde, andererseits, weil er nunmal auch wirklich nett war.
Ich nickt. "Deine Schwester ist so nett und führt mich immer noch ein bisschen rum. Es ist ne Ewigkeit her, seit ich das letzte Mal hier war. Und keine Angst, ich hab nicht vor sie ins Bett zu kriegen", sagte ich zwinkernd zu ihm und nahm einen weiteren Bissen.

Gerne hätte ich ihm gesagt, dass ich auch noch etwas Zeit mit ihm verbringen würde. Aber ich ließ es, aus dem einen Grund da Alessandro da war und der zweite Grund für mein Schweigen war, dass er sich doch mit Four treffen sollte. Das wäre doch gar nicht so übel für ihn ein paar Kontakte hier zu knüpfen.
"Ich mach mir darüber keine Sorgen, du wirkst nicht so. Aber wenn, es ist mir egal was ihr hinter verschlossenen Türen treibt. Und ich möchte glaube ich darin auch nicht eingeweiht sein.", Alessandro fing an zu lachen und machte sich auch etwas Essen auf seinen Teller. Er aß, jedoch sah er Jayce eindringlich an und beugte sich dann zu mir herüber. "Der hat eine richtige Ähnlichkeit mit Alexis. So vom Aussehen und anscheinend ist er auch leicht vom Verhalten so, außer das übertriebene Amite-Verhalten.", flüsterte er mir ins Ohr und ich schüttelte den Kopf. "Du musst aber auch immerzu an sie denken, ich denke dass du dich täuschst Sandro.", gab ich etwas lauter zurück, da ich mir nicht die Mühe gab zu flüstern. "Doch! Schau doch mal ganz genau hin. Man erkennt das doch, du warst schließlich ihre beste Freundin. Jetzt gib es doch zu, du siehst das aus.", gab Sandro zurück und ich musterte Jayce. Alessandro kannte Alexis gut und sah anscheinend auch sehr gut ihr Aussehen in Jayce. Natürlich hatte er Recht.
"Sag mal Jayce, hast du eigentlich noch Geschwister?", fragte Alessandro und ich räusperte mich so laut, dass es die beiden mitbekamen. Alessandro war kurz davor das selbe herauszufinden wie ich gestern.

Ich grinste und aß weiter. Er war sehr nett und gesprächig, das hatte ich schon mitbekommen. Er redete mehr als Ally, aber dennoch merkte man, dass sie Geschwister waren. Sie ergänzten sich perfekt und die Ähnlichkeit war natürlich nicht zu übersehen, aber es waren ja schließlich auch Zwillinge.
Ich aß weiter, ohne, dass ich auf Allys und Alessandros Gespräch hörte. Sie sollten nicht denken, dass ich sie belauschte. Außerdem hatten sie wohl auch was zu besprechen und das musste ich schließlich auch nicht alles mitbekommen.
Dann wandte sich Alessandro wieder an mich und fragte, ob ich noch Geschwister hatte. Ally räusperte sich hörbar. Ich nickte.
"Ja, ich habe einen älteren Bruder. Er ist bei den Candor", sagte ich und lächelte. Ich hatte schon wohl verstanden, was Ally meinte. Wenn ich ihn sagte, dass ich eine Schwester hatte, die bei den Amite war, würde er ziemlich schnell auf Alexis schließen. Da diese Allys beste Freundin war, kannte Alessandro sie mit Sicherheit auch ziemlich gut und hatte sie mit Sicherheit schon mal von mir reden hören und dann würde zumindest für ihn die ganze Sache mit den Ken auffliegen.

Alessandro sah zwischen Jayce und mir hin und her, er grinste sich einen ab. Ich versuchte es mir nicht anmerken zu lassen und stocherte etwas in meinem Essen herum. Kein Ahnung was er dachte, ich war mir so unsicher, jedoch musste er trotzdem etwas erahnen obwohl Jayce es ausließ seine Schwester zu erwähnen.
"Hm ich merke, dass ihr mich beide anlügt.", Alessandro grinste weiterhin wissend. "Und zwar nicht nur in einer Sache ihr Turteltauben." Er stieß mir mit dem Ellenbogen leicht in die Rippen und ich biss mir auf die Lippe. Na super, mein Bruder dachte schon das zwischen uns etwas lief. Aber woher ihm das so klar war, war mir selbst nicht bewusst. Vielleicht war es das zufällige Auftauchen von Jayce und das er seitdem nur mit mir rumhing. Oder, dass ich ab und zu Jayce sehnsüchtige Blicke zuwarf wenn er nicht hinschaute. "Jetzt sagt mir die Wahrheit und zwar beide.", Alessandro legte seine Hand an mein Kinn und schob es leicht hoch. "Du bist so lieb Ally, das bist du nur wenn du verliebt bist. Du bist eindeutig zu nett zu ihm, das sieht man doch." Meine Wangen färbten sich leicht rosa, er hatte es erraten. Ich hätte zwar noch ihn anschreien können mit den Worten, dass Jayce jetzt wusste dass ich auf ihn stand. Und er es bisher nicht wusste und ich mich jetzt nie mehr blicken lassen konnte. Doch ich schwieg und hielt dem Blick von ihm stand, in der Hoffnung, dass Jayce irgendwas dazu sagte. Mir hatte es alles die Sprache verschlagen.

Ich versuchte mir irgendwas auszudenken, was alles erklären würde, ohne, dass ich oder besser wir es zugeben mussten. Aber mir fiel beim besten Willen nichts ein. Auch Ally schien nichts einzufallen, denn sie würde am ehesten wissen, was sie ihrem Bruder als glaubwürdig unterbreiten konnte.
Und um ehrlich zu sein war es so ja vielleicht doch am besten, wenn Alessandro davon wusste, dann müssten wir uns vor ihm wenigstens nicht mehr verstellen und er würde es ja doch drüher oder später herausfinden.
Ich musste lächeln und blickte von Ally zu Alessandro. "Ich denke wir sollten reinen Tisch machen, Ally", gab ich zu und blickte sie an.
Ich wollte ihr überlassen, was sie ihm sagen wollte, wo sie beginnen wollte. Sie ganz allein sollte entscheiden, was ihr Bruder alles erfahren würde. Ob er in die wahre Geschichte eingeweiht oder doch nur eine abgespeckte Version erfahren würde.

Ich seufzte als Jayce das sagte, nickte dann aber. "Es wäre am besten wenn wir uns gleich oder später, wann ihr Zeit habt, treffen. Ich denke, dass die komplette Version nicht in den Speisesaal gehört.", sagte ich und auch Alessandro willigte ein. Ich würde ihm erzählen wer Jayce war und zwar genau wer. Ich wusste, dass er nichts verraten würde trotzdem war es eine Überwindung. Nie hatte ich bisher zugegeben, dass ich einen Typen wirklich liebte. Geschweige denn dass ich einen Freund hatte. Mein einziges Problem bestand darin Alessandro zu überzeugen, dass er Alexis vorerst nichts davon erzählte. Denn auch die Beiden trafen sich heimlich, besser gesagt Alessandro kam ab und zu bei ihr vorbei. Ich hatte ihn immer gedeckt und wusste auch, dass sie eine Affäre führten. Das hatten die Beiden schon als wir noch bei den Amite waren. Und das hatte ich nur durch reinen Zufall mitbekommen, als ich einmal unangemeldet in seinem Zimmer erschien und die Beiden dort im Bett sah. Wir hatten darüber nie gesprochen und das würde auch nie vorkommen, denn ich wollte es eigentlich gar nicht wissen wie lange dies schon ging und jedes einzelne Detail. Auch von Alexis wollte ich nichts in der Hinsicht wissen, weder wie gut mein Bruder küssen konnte noch sonst irgendwas. Also ließ ich es sein und die Beiden auch, so war die Situation wenigstens zwischen uns noch ganz gut.
Ich aß meinen Teller leer und betrachtete dann die Beiden, Alessandro gab uns zu verstehen jetzt am besten zu gehen und dann zu reden. Höchstwahrscheinlich mussten wir dies in dem Zimmer von Jayce machen, da wir an keinem anderen Ort ungestört waren.

Ich nickt, als Ally und bat unter 6 Augen zu sprechen. Sie wollte ihm als alles erzählen und ja, das war okay für mich. Besser so, als wenn er es irgendwann durch Zufall herausfand.
Ich war schon länger fertig mit essen und wartete nur noch darauf, dass auch Alessandro in ruhe aufessen konnte. Warum sollten wir jetzt noch hetzen, da er es ohnehin gleich erfahren würde. Als er schließlich fertig war, machten wir uns auf den Weg zu meinem Zimmer. Den Weg kannte sogar ich mittlerweile. Ich schloss die Tür auf und bat beide herein.
Hinter mir schloss ich die Tür. Ich lehnte mich an die Wand und schaute von Ally zu Alessandro und wieder zurück. Ich hatte keine Ahnung, wie er alles aufnehmen würde. Ob er sauer oder aggressiv reagieren würde, allerdings schätzte ich ihn so nicht unbedingt ein. Er war ziemlich ruhig und wartete geduldig darauf, dass seine Schwester anfing ihm die ganze Sache zu erklären.

Wir gingen gemeinsam zu dem Zimmer von Jayce, welcher aufschloss und uns hinein ließ. Dann schloss er die Tür und ich sah Alessandro in die Augen, welcher fragend die Augenbraue hob.
"Also...ich fang am besten von ganz vorne an.", ich seufzte und biss mir auf die Lippe. "Du weißt, dass ich gerne auf die Gebäude der Ken klettere. Vor zwei Wochen hab ich mich entschieden mir das Innere der verlassenen Gebäude jedoch deutlicher anzuschauen und schlussendlich wollte ich von ganz oben die Stadt betrachten. Also gesagt getan, ich suchte mir ein Hochhaus aus und sah erstmal nichts besonderes bis ich Jayce da fand. Er hätte mich verpetzen können, schließlich ist er ein...Ken.", ich machte eine Pause und versuchte in der zeit die Reaktion von Alessandro einzuschätzen. "Doch das tat er nicht und ließ mich bei sich bleiben. Und wir haben etwas geredet bis ich wieder gehen musste. Wir hatten uns wieder verabredet und zwei Täte später funkte es dann ziemlich zwischen uns obwohl wir uns kaum kannten. Wir hatten jedoch beschlossen, dass bis zu meiner Initation erstmal zwischen und Kontaktstille herrscht. Es wäre zu riskant für mich gewesen weitere male zu ihm zu kommen. Naja und die weißt wie ich die letzten zwei Wochen mich verhalten habe und so ging es ihm auch.", erklärte ich deutlich. "Er hat einen Weg gefunden sich hier einzuschleusen und jetzt ist er hier. Und du hast Recht, er sieht Alexis ähnlich. Es ist ihr großer Bruder, du weißt schon...Jay. Wenn sie sentimental wurde hat sie immer über ihn geredet. Sie wollte mich ihm ja eh vorstellen, hat gemeint er wäre doch so perfekt für mich und ich sollte unbedingt mal in ihre Familie einheiraten. Du kennst doch ihre leicht komischen Vorstellungen.", ich musste lächeln. "Naja auf jeden fall liebe ich ihn, ja du hast es richtig gehört." Das war alles was ich ihm zu erzählen hatte und Alessandro starrte Jayce die ganze Zeit an. Vorsichtig ging ich zu Jayce und stellte mich neben ihn. Vorsichtig drückte ich seine Hand.
"Du willst mir grade klarmachen dass dein Freund ein Ken ist und außerdem Alexis Bruder ist?", Alessandro schüttelte den Kopf. "Das heißt du gehst mit ihm und ich besuche für du weißt schon was seine Schwester?!" Alessandro klang fast verzweifelt.

Ich hörte Ally zu und musterte sie, wie sie so erzählte. Ich spürte, wie Alessandros Blicke auf mir lagen, wie er mich quasi damit durchbohrte. Mein Blick wanderte zu ihm und ich versuchte aus seinem Ausdruck irgendwas heraus zu lesen, doch es war unergründlich, was in ihm vorging.
Ich biss mir auf die Lippen, als Ally anfing von Alexis zu sprechen und mein Blick wanderte zu Boden. Noch immer hatte ich ein schlechtes Gewissen sie einfach so hinter mir gelassen zu haben. Fraktion vor Blut, doch wie konnte ich meine Schwester einfach so vergessen? Das war unverzeihlich.
Nachdem Ally fertig war, kam sie zu mir und ich spürte, wie sie meine Hand leicht drückte. Ich blickte auf und schenkte ihr ein Lächeln, sanft drückte ich ihr einen Kuss auf die Stirn.
Als Alessandro schließlich anfing zu reden, schaute ich zu ihm. Er schien aufgewühlt und ungehalten über das, was er gerade erfahren hatte. Das Wort Ken glich schon immer mehr einem Schimpfwort, aber das schluckte ich einfach herunter. Verwirrt schaute ich von ihm zu Ally, als er irgendwas über Alexis sagte. "Was?", fragte ich und nun war ich es, der dumm und unwissend dastand und aufgeklärt werden wollte.

Ich seufzte und musste schlucken als Jayce nachfragte, er wollte das über Alexis wissen. "Super Sandro, wirklich.", murmelte ich leise und wandte mich dann zu Jayce. "Mein herzallerliebster Bruder hat ein Verhältnis mit deiner Schwester. Und ich durfte das auch nur erfahren, als ich die Beiden dabei erwischt habe. Ach und er stiehlt sich jede Woche davon, besonders weil Alexis das unbedingt will.", ich blickte wütend zu meinem Bruder. "Mann Sandro, dass ist meine beste Freundin und seine kleine Schwester! Konntet ihr nicht einfach die Finger voneinander lassen...", doch Sandro zuckte nur mit den Schultern. "Ich möchte betonen, dass sie ein Jahr älter ist als ich und damit alt genug ist um zu wissen was sie tut. Und das dein Freund zufälligerweise ihr Bruder ist, dafür kann ich auch wenig. Und um es zu betonen, ich bin nicht in einer Beziehung mit ihr.", er strich sich genervt durchs Haar. "Das zwischen ihr und mir ist ohne Verpflichtungen und unsere Sache, ihr habt euch da rauszuhalten und zwar alle beide." Sandro ging Richtung Tür und schubste Jayce wütend weg während er durch die Tür ging und sie wütend zuschlug. Typisches Verhalten von ihm, aber ich hatte zumindest erwartet er würde sich darüber freuen. Also dass ich jemand lieben gefunden habe. Aber nein, er machte die Sache nur noch schlimmer.
"Es tut mir leid für das Verhalten meines Bruders, ich wünschte er würde das nicht tun. Auch das mit Alexis. Das hat mich schon damals zerfressen."

Mein Hals und Mund wurde trocken, als Ally mir von der Sache mit Alessandro und meiner Schwester erzählte. Ich schluckte immer wieder, doch es brachte nichts, mein Speichel war versiegt. Ich wusste nicht, was ich denken sollte. Sollte ich mich für sie freuen? Sie schien doch glücklich zu sein, das war doch gut.
Als Alessandro anfing zu reden, zog ich meine Augenbrauen zusammen und hörte ihm zu. Ich spürte, wie es in meinem Bauch und meiner Kehle warm, nein, sogar heiß wurde. Ich ballte meine Fäuste und musste mich zusammenreißen. Keine Beziehung? Keine Verpflichtungen? Nein, das war nicht Alexis, wie ich sie kannte. Sie hatte sich immer jemanden an ihrer Seite gewünscht, der es ernst mit ihr meinte. Sie war keine, sie einfach nur mit jemanden ins Bett sprang.
Alessandro verließ wütend das Zimmer, nicht ohne mich noch zur Seite zu stoßen. Ich bleib standhaft. Meine Zähne waren fest aufeinander gepresst. Als Ally sich entschuldigte, schüttelte ich den Kopf. "Du musst dich für nichts entschuldigen, Ally. Aber... ich hoffe, dass Al der gleichen Auffassung ist wie er, dass es nichts ernstes ist."
Noch immer waren meine Hände zu Fäusten geballt und ich stand vollkommen verkrampft da.

Man sah Jayce an, dass er wütend wurde. Ich konnte ihn auch verstehen, schließlich ging es um seine kleine Schwester. Vorsichtig strich ich Jayce über den Arm und sah ihn eindringlich an. Was sollte ich tun? Ich konnte es nicht wieder gut machen.
"Bitte Jayce, sei nicht sauer auf ihn. Er meint das nicht so, er steht nicht zu seinen Gefühlen und ich glaube wirklich, dass zwischen den Beiden mehr ist als das was er behauptet.", ich machte eine Pause. "Es tut mir trotzdem leid, ich hätte die Beiden auseinander bringen sollen und hab es nicht getan.", ich ging ein paar Schritte von ihm weg und biss mir auf die Lippe. Ich sollte eigentlich sofort zu den Amite fahren, sollte mit Alexis reden. Aber ich sollte lieber nicht das Hauptquartier verlassen, doch ich konnte es nicht für gut heißen, dass sich Jayce und Sandro hassten. "Ich glaube du brauchst deine Ruhe, ich lass dich lieber alleine. Du weißt ja wo ich bin.", meine Stimme war leise und ich versuchte mich an Jayce vorbeizudrängen. Wohin mein Weg führen würde war mir noch nicht ganz klar, aber das würde sich wohl ergeben. Wir kannten uns nicht lange genug, als dass ich Jayce bei seiner aufgestauten Wut helfen konnte. Doch ich wollte ihm helfen, doch Ruhe war besser als etwas falsch zu machen. Es kam mir vor, als ob eh schon alles falsch lief. ich musste es mir nicht noch mit ihm verspaßen.

Ich spürte Allys sanfte Berührung und hörte, was sie sagte.
"Dir muss nichts leid tun", erwiderte ich und raufte mir mein Haar. Warum mussten wir es ihm nur sagen, warum musste er was mit meiner Schwester haben? Wäre es Liebe gewesen, okay, ich kannte es. Man konnte nun einmal nichts dagegen tun, das sah ich an mir und Ally. Aber Alexis war immer vernünftig gewesen. Sie hatte sich ein ruhiges, friedliches Leben gewünscht, wollte eine Familie gründen. Es sah ihr so gar nicht ähnlich eine Affäre zu haben, sich heimlich mit einem Fraktionswechsler zu treffen. Nein, das war nicht Alexis. Aber hatte ich das Recht über sie zu urteilen? Kannte ich sie überhaupt richtig? Mir ging so viel durch den Kopf.
"Danke, ich komm später vorbei", antwortete ich leise und gab Ally einen Kuss auf die Stirn, ehe sie den Raum verließ.
Ich würde etwas brauchen, um einen klaren Kopf zu bekommen. Ich wollte nicht, dass Ally darunter leiden musste, wie ich war, wie ich mich benahm. Das hatte sie nicht verdient. Sie hatte alles richtig gemacht, es war richtig gewesen, dass sie sich nicht eingemischt hatte.

Ich sah bevor ich den Raum verließ noch mal kurz zu Jayce. "Egal was du tust, pass bitte auf dich auf und mach es dir nicht allzu schwer. Wenn du wen zum reden brauchst, ich bin für dich da.", sagte ich zu ihm und ging dann. Mein Weg führte mich zum Schlafsaal wo ich direkt mich duschen ging. Dann zog ich wieder die kurze Hose und das Top an und ging mit nassen Haaren durch das Hauptquartier. Ich ging gelangweilt herum, mein Weg endete im Trainingsraum. Noch immer befand sich niemand dort, kein Wunder. Die meisten machten andere Dinge und beschäftigten sich erstmal nicht mehr mit dem Training. Doch auch in mir hatte sich Wut gesammelt, nicht nur Wut auf meinen Bruder, sondern auch auf Alexis. Wenn sie nur wüsste, was sie damit angestellt hatte.
Ich ging erst zum Messerwurf und schnappte mir ein paar Messer, dann stellte ich mich weit entfernt von den Zielscheiben hin und zielte. Alle gingen in die Mitte, was kein Wunder war. An meinem ersten Tag hier, hab ich die Zielscheibe noch nicht mal getroffen doch jetzt fiel es mir einfach.
Als mir das zu langweilig wurde, ging ich zu den Boxsäcken und stellte mich seitlich hin. Erst schlug ich einige Male auf den Sack, dann fing ich an erst mit dem Fußspann zu treten und dann mit der ganzen Sohle. Der Sack prallte gegen die Wand und es gab einen dumpfen Schlag.
Einige Male wiederholte ich das Prozedere bevor ich dann aus Langeweile wieder irgendwelchen Mist tat. Ich übte mich abzurollen, dann übte ich einen Handstand und Radschlagen. Vielleicht würde mir das ja irgendwann mal helfen in einem Kampf. Wer wusste das schon genau?
Vielleicht tat ich diese Dinge aber auch um auf andere Gedanken zu kommen. Irgendwie beruhigte es ja so etwas zu machen, es war für mich der reine Spaß und hatte keinen bestimmten Zweck. Und hier Spaß zu bekommen war schwer ohne Alkohol. Also musste man Sachen tun, die man am liebsten tat.
Was Jayce derweil machte? Ich hoffte er würde nicht versuchen mit Sandro oder Alexis zu reden, denn das würde wohl auch nicht gut gehen.

Ich lief in meinem Zimmer auf und ab, genau wie meine Gedanken in meinem Kopf hin und her gingen. Natürlich konnte ich jetzt nicht mal eben zu den Amite fahren und mit Alexis sprechen und ich hatte auch einfach kein Recht dazu.
Ich war zwar ihr großer Bruder, aber ich hatte sie einfach im Stich gelassen, als ich damals zu den Ken gewechselt bin. Ich war Alexis Vertrauter gewesen, derjenige, der ihr Halt gegeben hatte, mit dem sie reden konnte. Woher sollte ich wissen, ob sie sich in diesem einen Jahr nicht doch so sehr verändert hat? Vielleicht war sie nun ein anderer Mensch. Noch immer diese Frohnatur, aber vielleicht gab sie keinen Wert mehr auf Familie, Liebe und Beziehung?
Was, wenn ich ihr alles kaputt gemacht hatte? Ein großer Bruder sollte seine kleine Schwester beschützen und für sie da sein. Ich hatte mir immer gewünscht sie so glücklich bei den Amite zu sehen. Wie sehr hatte ich mir gewünscht, dass sie dort das Leben führen konnte, was sie sich immer gewünscht hatte. Ich hätte sie liebend gern vor den Altar treten sehen.
Immer wieder setzte ich mich hin, stand wieder auf, ging ein paar Schritte, drehte wieder um. Das ging immer weiter so, bis ich durch Klopfen aus meinen Gedanken gerissen wurde.
"Ja?", sagte ich als Zeichen, dass die Tür offen war. Four öffnete die Tür und schaute rein.
"Störe ich?", fragte er und schaute mich an. Ich schüttelte den Kopf: "Ich bin nur... in Gedanken."
Four kam rein und schloss die Tür hinter sich, dann schaute er mich an. "Frauen?", fragte er und ich nickte. "Ja, auch..." Ich seufzte. Ich konnte schlecht mit ihm reden, denn ich wollte Alessandro nicht verraten. "Okay, hör zu, ich weiß von dir und Ally und ich weiß auch, dass Alessandro sich immer wieder wohin schleicht. Sie haben beide ihren eigenen Kopf", sagte Four und lächelte leicht. Ich schaute ihn an. Er wusste es und er hatte es nicht gemeldet? "Jeder sollte das Leben leben, was er möchte. Es ist gefährlich, aber Ferox lieben nun einmal bekanntlich die Gefahr", sagte er grinsend, alsob er meine Gedanken lesen konnte.
Da er ohnehin die Hälfte bereits wusste, beschloss ich ihm auch den Rest zu erzählen. Es würde gut tun mit jemanden zu sprechen, der mit alldem nichts zutun hatte und das tat es auch.
Four hörte aufmerksam zu, während ich ihm alles erzählte.

Ich war fertig nach dem Training und ging aus dem Trainingssaal. Mein Weg führte mich schlussendlich zum Dach. Ich setzte mich hin und dachte über all die Dinge nach, dann lehnte ich mich zurück und starrte in den Himmel. Er war voll mit Gewitterwolken, weswegen er kein schönes blau besaß sondern eher düster war und ich mich von den Wolken fast erschlagen fühlte.
Es fing an zu regnen, doch das machte mir nichts aus. Es war ein schönes Gefühl den kalten Regen auf der Haut zu spüren und der frische Duft nach regen brachte mich auf andere Gedanken. Damals bin ich immer als es geregnet hatte über die Felder der Amite gerannt mit Alexis, wir hatten gelacht und sind gelaufen bis unsere Beine nicht mehr konnten. Wir lagen in der schlammigen Erde und hatten einfach nicht aufgehört zu lachen. Doch dann rutschte Alexis zu mir und spielte mit meinen langen blonden Haaren. "Du würdest eine wunderschöne Amite abgeben.", murmelte sie vor sich hin und ich lauschte ihrer angenehm weichen Stimme. "Ach Ally, stell dir doch mal vor wenn wir abhauen würden...nur du und ich. Keine nervigen Brüder, keine Verpflichtungen." Ich warf ihr einen traurigen Blick zu. "Alexis ich bin nicht wie dein Bruder, nur weil ich die Fraktion wechsle lass ich dich nicht im Stich. Wir sind doch beste Freundinnen.", sprach ich ihr gut zu und drehte mich zu ihr. Sie hatte meine Haare geflochten wie sie es immer tat wenn sie in Gedanken war. "Ally du bist so aufrichtig, das hätte meinem Bruder gefallen. Er ist zwar ein Ken und das war er schon immer, aber er weiß welchen Menschen besonders sind. Du gehörst dazu...", ihr lief eine Träne über die Wange und sie vergrub ihren Kopf in meiner Schulter. Sie weinte den restlichen Tag und das tat sie oft wenn sie über Jayce sprach. Er erschien mir nie so nett wie sie ihn beschrieben hatte, ich konnte mir nie vorstellen dass ein Mensch so perfekt sein sollte aber trotzdem seine Schwester allein ließ. Doch es war gar nicht seine Schuld, vielleicht kam ich selbst gar nicht mit dem Frust zurecht. "Für immer, Alexis. Ich verspreche es dir.", sagte ich ihr damals als ich sie zu mir Nachhause gebracht hatte und in mein Bett gelegt hatte. "Für immer, Ally.", gab sie zurück und lächelte.
Damals war Alexis vor meiner Entscheidung zu den Ferox gegangen und hat sich ein Tattoo am Knöchel stechen lassen. Es war sehr klein und zeigte das Zeichen der Ferox und darunter stand in schnörkeliger Schrift Für immer, Ally.
Auch ich hatte mir so eines machen lassen, es war ebenfalls sehr klein und fiel niemanden auf. Ich hatte das Zeichen der Amite und mit dem Schriftzug Für immer, Alexis. darunter. Ich griff mir automatisch an meinen rechten Knöchel und sah mir das kleine Zeichen an. Alexis wusste noch nicht mal, dass ich ebenfalls mir eines stechen lassen hatte. Das wusste niemand.

Als ich fertig war, blickte ich Four an. Ich war mir sicher, dass er das ganze für sich behalten würde. Ansonsten hätte ich es ihm auch nicht erzählt.
"Das ist ziemlich kompliziert", gab Four zu und blickte ernst in den Raum. "Aber wie ich es sehe, ist es mit Sicherheit nicht so, wie Alessandro sagt. Wenn er sie nicht lieben würde, würde er sich nicht ständig in die Gefahr begeben. Ich hab es mitbekommen, das heißt auch Eric hätte es merken können und das wäre nicht gut ausgegangen. Wenn Eric davon wüsste, wäre er schon längst fraktionslos und das weiß Alessandro. Und so wie du mir von deiner Schwester erzählt hast, naja, ich würde sie nicht so einschätzen. Das kann ich zwar nicht mit Sicherheit sagen, aber es ist meine Einschätzung. Du solltest dir aber keine Vorwürfe machen, weil du gegangen bist, sie kannte dich und sie wusste, dass du zu den Ken gehörst. Ich hatte auch Gewissensbisse, als ich meine Schwester allein gelassen habe. Zwar wusste ich, dass sie auch zu den Ferox wechseln würde, aber auch für sie war das Jahr ziemlich hart, das hat sie mir zumindest erzählt. Nici passte nicht zu den Altruan, genauso wenig, wie Alexis zu den Candor passte. Aber sie haben beide ihren Weg gefunden, nicht wahr? Sie leben ihre Leben auch ohne uns große Brüder. Natürlich ist und bleibt man der große Bruder und möchte weiter ein Auge auf sie haben und auf sie aufpassen, aber das müssen wir eigentlich nicht", sagte er gedankenverloren und lächelte immer wieder, als er von Nici erzählte.
Ja, wir waren beide typische große Brüder.
"Danke", sagte ich und lächelte ihn an. Four lächelte zurück und klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter. "Ich denke du solltest jetzt zu deiner Freundin. So wie ich sie kenne, dürfte sie auf dem Dach sein, da ist sie meistens, wenn sie nachdenkt", sagte Four und stand auf. Ich nickte und er verließ das Zimmer.
Ich saß noch einen Moment da, bevor ich mich aufmachte und den Weg hoch zum Dach suchte. Ich öffnete die Tür nach draußen. Ich hörte den Regen prasseln. Ich ließ die Tür hinter mir ins Schloss fallen und ging zu Ally, die auf dem Rücken lag. Nach nur ein paar Schritten, war ich schon klatschnass. Einige Meter von ihre entfernt blieb ich stehen.

Der Vorteil jetzt draußen zu sitzen war, dass niemand deine Tränen sah. Ich hatte die Augen geschlossen und ließ die Zeit mit Alexis vor meinem inneren Auge abspielen.
Ich war völlig durchnässt, der Regen war stärker geworden und man hörte aus der ferne den Donner. Nach einer Weile hörte ich Schritte und setzte mich vorsichtig auf. Einige Meter von mir entfernt stand Jayce und ich wusste nicht genau wie er mich gefunden hatte. Als ich ihn so ansah, bereute ich es nicht zu den Amite gegangen zu sein. Nur für heute, nur um mal eine ernstgemeinte Umarmung zu bekommen. Und zu schauen wie es Alexis ging.
Ich ertrug es nicht mehr Jayce anzusehen, wandte mich etwas von ihm ab und ließ den Blick über den Horizont streifen. "Geht's dir etwas besser?", fragte ich ihn, ließ jedoch den Blick nicht von der Umgebung ab. Obwohl es erst später Nachmittag war, war es schon wirklich dunkel. Das Gewitter über uns ließ alles in der ganzen Stadt dunkel erscheinen und es wurde ebenso sehr kalt. Eine leichte Gänsehaut zeichnete sich auf meiner Haut ab und mein nasses Haar hing schlaf an meinem Gesicht herunter.
Irgendwie bereute ich es wirklich nicht drin geblieben zu sein, ich hatte höchstwahrscheinlich mit einer Erkältung zu rechnen. Aber jetzt konnte ich auch weiter draußen bleiben, schlimmer konnte es dann um meinen gesundheitlichen Zustand eh nicht stehen.

Ich sah Ally eine Weile an, dann drehte sie sich zu mir um, doch schnell wandte sie den Blick wieder ab. Hatte ich was falsch gemacht? War es falsch gewesen etwas für mich zu sein oder sie nun aufzusuchen? Ich hatte sie doch nicht verletzen wollen.
"Mir gehts nur mit dir gut", sagte ich und stand noch immer die paar Meter von ihr entfernt. Ich wollte sie nicht bedrängen und anscheinend wollte sie mich gerade nicht sehen, also würde ich sie auch nicht zwingen.
Ich stand einfach da, schaute sie an. Ich spürte den Regen, der kühl auf mich niederprasselte. Meine Klamotten klebten an meinem Körper und meine Haare wurden an meinen Kopf gedrückt. Ich wusste nicht, was ich machen sollte. Mein Kopf dröhnte und ich wusste nicht einmal wieso. In Gedanken ging ich die gesamte Situation von vorhin noch einmal durch. Hatte ich Ally verletzt? Das war das letzte, was ich wollte.

Ich seufzte leise und stand auf und ging vorsichtig zu Jayce und lehnte mich an ihn. Vorsichtig legte ich meinen Kopf an seine Brust, welche ebenfalls von einem nassen Shirt bedeckt wurde. Ich wusste nichts zu sagen, fand es aber beruhigend seine Wärme zu spüren und trotz des Regens den Geruch von Jayce deutlich wahrzunehmen.
"Danke, dass du hier bist Jayce.", murmelte ich leise und sah weiter den Horizont entlang. Es musste doch auch eine Welt außerhalb des Zauns geben, ein Ort an dem ich mit Jayce immer zusammen sein konnte. Denn unsere Beziehung zueinander war gefährdet hier, Jeanine würde es nie dulden...Eric auch nicht. Doch es war mir gerade egal, ich wollte seine Nähe spüren. Am liebsten würde ich allen zeigen, dass ich ihn liebte. Und das Ferox und Ken wohl zusammen passten, auch wenn wir grundverschieden waren. Wir ergänzten uns wunderbar und war das nicht der Sinn einer Beziehung sich zu ergänzen? Wie ein Puzzleteil zusammen zu passen, die beiden Teile konnten nie genau gleich sein. Es unterschied sich immer etwas, doch zusammen funktionierten sie perfekt. Und wenn ich mich nicht täuschte, war es doch genau das was unsere Beziehung ausmachte.

Erleichterung machte sich in mir breit, als Ally letztendlich zu mir kam und sich an mich lehnte. Mir war kalt, aber jetzt, da Ally bei mir war, war es mir vollkommen egal. Alles um mich herum war unwichtig, allein sie zählte. Ich liebte sie, wie ich niemals jemanden geliebt hatte und niemals würde ich jemanden wieder so lieben.
"Nirgends wäre ich lieber. Ich liebe dich", sagte ich und drückte sie an mich. Ich spürte, dass auch sie eine Gänsehaut hatte. Ich strich über ihr nasses Haar und drückte dann ihr Kinn zu mir, damit sie mir in die Augen blickte. Dann küsste ich sie.
Ich hatte mal gehört, dass alle Mädchen genau das wollten: Ein Kuss im Regen. Mir war es eigentlich egal, wo ich Ally küsste. Überall war es perfekt, weil sie einfach perfekt war. Wie sehr ich mir nur wünschte, dass wir einfach zusammen sein konnten, uns nicht verstecken mussten, sondern einfach sein konnten, wer wir waren.

Automatisch huschte mir ein Lächeln über die Lippen, das passierte immer wenn ich in seiner Nähe war. Ich gestand es mir echt nicht gerne ein Gefühle für jemanden zu besitzen, aber gegenüber ihm war es so schwer. Ich konnte es vor ihm einfach nicht geheim halten, dass ich ihn liebte. Und es würde immer so bleiben, denn so hatte ich noch nie wen angesehen. Egal welchen auch vielleicht offensichtlichen Fehler er besaß, für mich war er vollkommen perfekt.
Als er mich küsste, stellte ich mich auf die Zehenspitzen um näher an sein Gesicht heranzukommen. Sanft erwiderte ich den Kuss und legte meine Hand in seinen Nacken. Wäre es bloß immer so schön wie jetzt, ich hatte alles was ich je wollte. Einen perfekten Freund, einen Kuss im Regen und eine unglaubliche innere Zufriedenheit, da eigentlich alles gut war solange er bei mir war.
Unsere Lippen lösten sich leicht voneinander, doch unsere Gesichter blieben noch immer eng beieinander. "Ich liebe dich auch.", flüsterte ich und musste lächeln. Was für ein wunderschönes Gefühl jemanden zu haben der einen liebte. Besser als alles andere, man könnte mir alles geben doch nichts würde so schön sein wie ihn als Freund zu haben. Wir würden schon einen Weg finden zusammen zu bleiben, auch wenn es schwer werden würde. Ich würde jedes Risiko eingehen nur um es wenigstens probiert zu haben. Unversucht würde ich es nicht lassen, dafür war mir dieses Anliegen zu wichtig.